PV mit Bürgerbeteiligung beim Turnsaaldach: riskant und unnötig

In der GR-Sitzung am 18. September 2018 wurde ein Grundsatzbeschluss zur PV mit Bürgerbeteiligung beschlossen. Ich halte diesen Beschluss für völlig übereilt und unüberlegt. Hier meine Gründe dafür:

  • die Gemeinde vermietet für 20 Jahre die gemeindeeigenen Dächer an die Firma 10hoch4. Diese errichtet eine PV-Anlage, verkauft die Module an Privatpersonen, mietet sie zurück (sale and lease back), kauft sie dem Anleger am Ende der vereinbarten Laufzeit wieder ab – dann beginnt das Prozedere von vorne. Eine komplexe Eigentümerstruktur, die für die Gemeinde zukünftig Probleme aufwirft, wenn nicht alles reibungslos funktioniert, z.B.
    • wenn die Firma die Renditen nicht mehr zahlen kann/die Module nicht zurückkaufen kann/in Konkurs geht
    • wenn das Modell in einigen Jahren nicht mehr attraktiv ist (weil z.B. die Bankzinsen steigen und das Sparbuch höhere, sichere Erträge abwirft) und sich keine Käufer für die Module finden. Dann wird die Gemeinde sich damit befassen müssen und versuchen müssen, eine gute Lösung zu finden
    • Ich kann der Gemeinde nur empfehlen, sehr kritisch und vorsichtig bei derart langfristigen Verträgen zu sein! Gerade bei elektrischer Energie werden in den nächsten Jahren gravierende Veränderungen ins Haus stehen, die noch niemand genau kennt und abschätzen kann. Beispiel dafür ist die rasante Entwicklung der Windkraft in den vergangenen 20 Jahren Windpark Kreuzstetten: 3.000 MW überschritten
  • die Gemeinde „verschenkt“ für 20 Jahre die Erträge  und die Energiekosten-Einsparungen  an die Firma 10hoch4.
  • Die Kosten für die PV-Anlage sind bei den Umbaukosten der Volksschule berücksichtigt, beim Umbau sind wir lt. Auskunft des Bürgermeisters im Kostenrahmen – es besteht kein Grund, die PV-Anlage auszulagern. 2015 hat die Gemeinde mit BM Böck zur PV am Turnsaaldach bereits eine Ausschreibung gemacht: Billigstbieter damals: Fa. Elektro.con, Kreuzstetten (15 kW/p, 26.800 € + MWSt., incl. Monitoring; österreichische Modul- und Wechselrichterfirma) – ich gehe nicht davon aus, dass sich die Preise stark verändert haben. Ich würde es für sinnvoll halten, den Auftrag einer lokalen Firma zukommen zu lassen.
  • Bürgerbeteiligung würde beim beschlossenen Modell so funktionieren: die Gemeinde (= alle Bürger) verzichtet auf die Erträge aus der PV, die Anleger (= einige Personen) bekommen Rendite über die Firma 10hoch4 ausgezahlt. Ich bevorzuge ein anderes Modell der „Bürgerbeteiligung“: die Gemeinde errichtet die Anlage, ist Eigentümer und profitiert sofort durch eine Reduktion der Stromkosten – dieses Geld kommt dem Gemeindebudget zugute und damit indirekt allen Gemeindebürgern! Ohne irgendwelchen administrativen Aufwand, ohne Risiken!

Bürgerbeteiligung ist aktuell eine „Modeerscheinung“, das Risiko für die Anleger (bei Anteilen zu 150 € kein großer Kapitaleinsatz) ist vernachlässigbar, ABER:

  • die Gemeinde verzichtet für 20 Jahre auf die Erträge der PV-Module: ein fünfstelliger Betrag (jährlich!), das Mehrfache der Errichtungskosten
  • der entsprechende Vertrag mit der Firma 10hoch4 muss so gestaltet sein, dass er möglichst wenig Risiko für eine künftige Gemeindeführung in sich birgt: bei Schwierigkeiten der Firma 10hoch4 muss es möglich sein, dass die Gemeinde die PV-Anlage als alleinige Eigentümerin übernimmt, die Bürgerbeteiligungs-Verträge müssen dann ebenfalls sofort auslaufen und dürfen keine jahrelange (administrative) Belastung für die Gemeinde bleiben.

Ich hätte mir gewünscht, dass der Gemeinderat diese möglichen Probleme VOR einer Beschlussfassung durchdenkt und überlegt. Jahrelang hat sich die Gemeindeführung mit der Beseitigung von Altlasten (Nahwärme-Haftung, Bacon-Vertrag…) beschäftigen müssen. Ich möchte nicht, dass eine zukünftige Gemeindeführung in einigen Jahren mit einer Altlast zu kämpfen hat, die die aktuelle Gemeindeführung hinterlässt!

Zum Argument, dass es schon viele Referenzprojekte aus anderen Gemeinden gibt: vor 20 Jahren waren Fremdwährungskredite der große Renner für Länder und Städte…

Hoffen wir, dass alles gut geht – wenn nicht, sollte die Gemeinde mit einem passenden Vertrag gerüstet sein (oder die PV-Anlagen doch lieber selbst vergeben)

aus einer Broschüre der IG Windkraft 2018

Für alle Bürgerbeteiligungs-Fans: kaufen Sie Aktien der Fa. Simonsfeld: das ist Bürgerbeteiligung ohne  Risiko für die Gemeinde, die Aktionäre bekommen je nach Ertragslage eine Dividende (dass Aktien eine nicht risikolose und langfristige Anlageform sind, sollte jedem Anleger bewusst sein) https://www.wksimonsfeld.at/deutsch/investieren/aktien/ihre-beteiligung.html

https://windfakten.at/

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